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Selbstfürsorge passt nicht auf eine To-Do-Liste

Aktualisiert: 3. Mai 2020

Reihe: kleine kunsttherapeutische Momente



Selbstfürsorge.

Selbstliebe.

Worte, die so viel Kraft haben.

Und genauso viel Macht uns erst recht ins Verderben zu stürzen.


Ich lese grad so viel über Selbstfürsorge und Selbstliebe und es freut mich, dass das in aller Munde ist. Aber auf der anderen Seite spüre ich Groll und Grant in mir hochkommen, wenn ich merke wie sehr die Begriffe ausgewaschen werden und auf bloße Selbstoptimierung reduziert werden. Ein Punkt mehr auf unserer To-Do-Liste. Am Weg zum perfekten Ich. Dabei hätte es so ein Potenzial für unser Wohlbefinden und eine ganzheitliche Gesundung, wenn wir uns wirklich zu Herzen nehmen uns besser um uns selbst zu kümmern.


Überzogene Selbstoptimierung hat nicht mehr viel mit Selbstfürsorge zu tun.

Hast du auch schon mal so eine 10-Schritte Anleitung zu mehr Selbstfürsorge in deinem Leben gelesen. Und hast du dich auch schon mal überfordert gefühlt von den Anmerkungen, doch einfach bloß mehr Yoga, mehr Mediation, gesünderes Essen, mehr Sport, mehr Ruhe, mehr, mehr, mehr machen zu müssen?


Ja! Selbstfürsorge ist kein Honiglecken. Da gehts nicht nur drum, dir einfach mal was Gutes zu tun. Es kann harte Arbeit sein, sich einen Lebensstil zurecht zulegen bei dem man/frau sich körperlich, geistig und sozial wohl und gesund fühlt. Da gehört es sicher dazu Verhalten zu verändern. Aber noch mehr als das Verhalten müssen wir unsere Haltung verändern. Unsere Haltung uns selbst gegenüber


Die Grundlage von Selbstfürsorge ist Selbstliebe. Und sich selbst lieben kann nur, wer sich selbst respektiert, ernst nimmt und wertschätzt. Und das bedeutet uns mit allem allem was wir sind, denken und fühlen anzunehmen. Echt und ernsthaft und tiefgehend ernst nehmen.


Wir müssen unsere Haltung zu uns selbst ändern. Zärtlich und wohlwollend.

Wenn wir es schaffen eine zärtliche und wohlwollende Haltung uns selbst gegenüber einzunehmen, dann müssen wir uns auch nicht mehr selbst dafür verteufeln, wenn wir es einmal nicht schaffen uns Zeit freizuschaufeln für die Sonnengrüße am Morgen oder das Vorkochen vom veganen Couscous-Salat fürs Büro am Vorabend. Dann können wir uns eingestehen, dass wir sind wer wir sind und brauchen was wir eben brauchen.

Dann wird es uns auch leichter fallen sehr wohl selbstfürsorgliche Handlungen zu setzen. Weil sie aus uns selbst herauskommen, nicht weil sie auf einer To-Do Liste stehen. Ganz einfach weil wir aus dieser Haltung heraus ohnehin das Beste für uns wollen.


So, und wenn du dich nach dieser theoretisch-gedanklichen Abhandlung zum Thema fragst, was das eigentlich mit Kunsttherapie zu tun hat – oder viel wahrscheinlicher: wenn du dich fragst, was es mit dir zu tun, und wie du so eine Haltung kultivieren kannst – dann hab ich eine kleine Anregung für dich.


Ich nenne diese Übung „liebevolles Beobachten“ und würde das in meiner Praxis so (oder so ähnlich anleiten):


  • Nimm deine beiden Hände vor deinen Körper und setzte Daumen und Zeigefinger deiner linken und rechten Hand so aneinander, dass dadurch ein Fenster entsteht durch das du durchschauen kannst. Am besten drehst du dabei die Hände so, dass eine Handfläche zu dir und die andere weg von dir schaut und so eine Rechteck zwischen deinen Daumen und Zeigefingern entsteht.Wenn du magst, kannst du dir vorstellen, dass das die Linse einer Kamera ist.

  • Und dann schaue mal durch durch diese Linse, oder dieses Fenster. Schau den Ausschnitt an, den du nun siehst und schau dich ein bisschen im Raum um. Vielleicht kriegst du Lust zu entdecken und einen Ausschnitt genauer zu betrachten oder heranzuzoomen.

  • An diesem Punkt kannst du die Alltagslinse rausnehmen, und eine andere Linse einlegen: diejenige des „liebevollen Beobachtens“. Versuche nun mit der größtmöglichen Wertschätzung, Zuwendung und Liebe durch deine Finger zu schauen. Nicht bewerten, was du jetzt siehst, sondern einfach respektvoll wahrnehmen.

  • So kannst du nun deine Umgebung scannen. Vielleicht den Schreibtisch auf dem du grad sitzt, deine Arbeitsunterlagen, die Abwasch mit dem Geschirrstapel im Nebenzimmer.

  • Wenn du weitergehen möchtest, kannst du nun dich selbst durch diese Linse anschauen. Deinen Körper, dein Gesicht im Spiegelbild, oder auch abstrakter deine Gedanken und Handlungen. Liebevoll und wertfrei.

Es könnte sein, dass dir das Gleiche passiert wie mir bei dieser Übung – ein Seufzer. Oder aber Tränen, Erleichterung, ein warmes Gefühl von Es-ist-gut-wie-es-Ist, oder auch nichts von alle dem. (Auch wenn nichts passiert ist es ok. Und gleich schon das nächste worauf du deine Linse liebevoll richten kannst: „Bei mir passiert nichts bei dieser Übung“. Liebevoll bemerken. Fertig.)

Wenn du magst, kannst du diese Übung in den nächsten paar Tagen immer Mal wieder machen. Mitten im Alltag, für 2 Minuten.


In aller Zärtlichkeit und größtem Wohlwollen

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